Diskussionsthemen

Steuerpolitik / Finanzen

Der Streit ums Steuerkonzept oder die Finanzierung der Zukunft

MdL Dr. Angelika Klein,  Mitglied der Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt DIE LINKE.
Sprecherin für Finanzpolitik, Haushaltspolitik

 

In den vergangenen Wochen gab es viele Fragen zum Streit in der LINKEN zu einem Zukunftsinvestitionsprogramm der Partei DIE LINKE. Trotz vieler Artikel in diversen Zeitungen bleibt gerade bei vielen Genossinnen und Genossen die Frage, worüber streiten die sich eigentlich?

Zum Bundestagswahlkampf 2005 hatten die finanzpolitischen SprecherInnen der Landtagsfraktionen der PDS ein Steuerkonzept vorgestellt, dass
„den Einstieg in eine Umverteilung von oben nach unten“   1)  
durch eine Vermögensbesteuerung eröffnete sowie Vorschläge machte, wie das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit untersetzt werden könnte. Bei einer Umsetzung unseres Steuerkonzeptes sollte es rund 64 Milliarden Euro Mehreinnahmen geben. Mit diesem Steuerkonzept haben wir während des Bundestagswahlkampfs erfolgreich gearbeitet. Wir konnten den Bürgerinnen und Bürgern gut erklären, woher die PDS das Geld nehmen will, um ihre Forderungen zu finanzieren.

Dieses Steuerkonzept basierte auch auf der Erfahrung, dass die Frage der Finanzierbarkeit von bestimmten Forderungen einen zunehmend höheren Stellenwert in der politischen Diskussion einnahm. Und die auch in der Bundestagsfraktion bis 2002 üblichen geplanten Einnahmen aus der Forderung nach Verteuerung des Kerosin waren meist dreimal ausgegeben. Auch die Linke brauchte machbare Vorschläge für eine sozial gerechtere Steuerpolitik, die auch noch von Mehrheiten akzeptiert wird und dem entsprach weitestgehend das 2005 vorgelegte Steuerkonzept.
Nach der Bundestagswahl war alles anderes. Die neu gewählte Bundestagsfraktion hatte andere Vorstellungen. Erstmals eskalierte der Streit 2006, manch eine/r erinnert sich vielleicht noch an das Auftreten von Oskar Lafontaine auf dem Landesparteitag der Linkspartei.PDS im September 2006 in Magdeburg.

Seitdem ringt die vereinigte Linke um Positionen zur Finanzierbarkeit ihre Forderungen. In mancher Basisgruppe höre ich immer wieder die Aufforderung, doch darüber gar nicht erst nachzudenken. Geld wäre genug da – was ja auch stimmt – und die Regierenden brauchten es ja nur entsprechend einzusetzen. Mit dieser Forderung, die durchaus verständlich ist, ist aber keinem Kommunalpolitiker und auch keiner Landespolitikerin geholfen. Auf diesen Ebenen gibt es kaum noch Spielräume. Wir hatten uns aber auch auf verschiedenen Landtagen dahin gehend verständigt, dass eine immer weitergehende Staatsverschuldung nicht die Lösung sein kann. Wir befürworteten eine moderate Schuldenaufnahme nur dann, wenn diese Gelder für die Zukunftsfähigkeit und Wertschöpfung, Nachhaltigkeit und Innovation, für Arbeitsplatzbeschaffung eingesetzt werden.   2) 

Im Sommer 2007 gab es aus der Bundestagsfraktion einen ersten Entwurf für ein Zukunftsinvestitionsprogramm, das für sich genommen richtig und gut war, allerdings gab es da schon Kritik von den Landtagsfraktionen und auch von den finanzpolitischen SprecherInnen. Die Wünsche hatten zu diesem Zeitpunkt einen Umfang von rund 130 Mrd. €. Inzwischen gibt es ein Zukunftsinvestitionskonzept, dass teilweise Eingang in den Leitantrag des Bundesparteitages gefunden hat, dass nur noch Mehrausgaben von rund 50 Mrd. € vorsieht bei geplanten Mehreinnahmen von rund 70 Mrd. € auf der Basis der jetzt existierenden Steueränderungsvorschläge (ein Konzept ist es noch nicht). Das hört sich gut und vernünftig an und trotzdem gibt es Streit, denn diese Mehreinnahmen sind eigentlich durch andere Beschlüsse und Forderungen der Bundestagsfraktion inhaltlich untersetzt. Ich will nur auf einige verweisen:

  • die Rücknahme der Mehrwertsteuererhöhung um drei Punkte im Gegenwert von 22 Mrd. €   3),
  • die Erhöhung des ALG II auf monatlich mindestens 435 € - rund 7 Mrd. € Mehrausgaben   4),
  • die Rücknahme der Kürzung der Pendlerpauschale – Kosten 2,5 Mrd. €   5)
  • und die Erhöhung des Kindergeldes auf 250 €, das sind 20,4 Mrd. €   6).

Die Forderungen zum Bundeshaushalt 2008 im Umfang von knapp 35 Mrd. € waren durch Finanzierungsvorschläge in dieser Höhe gedeckt, allerdings entsprachen diese nur bedingt dem Zukunftsinvestitionsprogramm. Das spricht nicht gegen die zusätzlichen Forderungen im Zukunftsinvestitionsprogramm. Sie müssen aber auch zusätzlich finanziert werden.

In der Zeitung der Bundestagsfraktion „klar“ Nr. 9 vom 29. April 2008 wird nun ein Steuerkonzept vorgestellt:

insgesamt 36 Mrd. €   7)
sind durch Änderungen der Unternehmenssteuerreform, der Einkommenssteuer, der Erbschaftssteuer und der Wiedereinführung der Vermögenssteuer geplant.

Damit ist das Zukunftsinvestitionsprogramm auch nicht finanzierbar. Die Debatte wird also weitergehen:

die Zukunft muss finanzierbar sein, doch wir werden Schwerpunkte setzen müssen.


1)  Einfach, sozial, gerecht. Unser Steuerkonzept, Hrsg.: Konferenz 
      der Fraktionsvorsitzenden der PDS, Finanzpolitische Sprecher 
      der PDS-Landtagsfraktionen, 21. Juni 2005, S. 2

2)  Vgl. Beschluss der 5. Tagung des 9.Landesparteitages der 
      Linkspartei.PDS Sachsen-Anhalt am 23. und 24. September 2006
      in Magdeburg: Offen für Veränderung – offen für den Dialog.
      Die neue Linke.

3)  Vgl.: Alternativen zur Steuerpolitik der Großen Koalition,
      Hrsg. Bundestagsfraktion DIE LINKE, S. 4

4)  Positionspapier Bundeshaushalt. Positionspapiere der
      Fraktion DIE LINKE von A-Z,

5)  Vgl. Alternativen zur Steuerpolitik, a.a.O. S. 4

6)  Ebenda, S. 11

7)  Vgl. klar, Zeitung der Bundestagsfraktion, Mai 2008, S,5