Ist der Totalabriss in Wolfen-Nord zu verhindern?

Von Jürgen Keil;

Welche Entwicklungschancen gibt es? ;

Seit über 15 Jahren werden in Etappen nur Abrissmaßnahmen durchgeführt und gleichzeitig als „Rückbau“ getarnt. Dies geschah, um nicht betroffene Menschen zu täuschen. Häufig stand für die zum Auszug gezwungenen Mieter keine entsprechende Wohnung in Wolfen-Nord zur Verfügung.;

Seit einigen Jahre hat die Wohnungsgenossenschaft WGW begriffen, dass nur Abriss dazu führt, dass viele Bürger schon freiwillig den Stadtteil verlassen.

 

 

Welche Entwicklungschancen gibt es?

 
Von Jürgen Keil

 
Ja, natürlich kann der Totalabriss verhindert werden. Dazu bedarf es aber einer anderen Stadtentwicklungs-Politik der dafür Verantwortlichen in der Stadtverwaltung und der Entwicklungsgesellschaft „EWN“ (Erneuerungsgesellschaft Wolfen-Nord) bzw. der  „STEG“ (Stadtentwicklungsgesellschaft Bitterfeld-Wolfen). Die erstellten Planungsvorgaben wurden bis vor kurzem von den großen Wohnungsunternehmen nahezu eins zu eins übernommen und umgesetzt.

Seit über 15 Jahren werden in Etappen nur Abrissmaßnahmen durchgeführt und gleichzeitig als „Rückbau“ getarnt. Dies geschah, um nicht betroffene Menschen zu täuschen. Häufig stand für die zum Auszug gezwungenen Mieter keine entsprechende Wohnung in Wolfen-Nord zur Verfügung. Da gleichzeitig im Stadtteil kein Umbau und Neubau erfolgte, war für jeden wirtschaftlich denkenden Menschen klar, dass viele Bürger die Stadt (Wolfen bzw. Bitterfeld-Wolfen) verlassen würden und dies geschah auch bzw. geschieht weiterhin.

Seit einigen Jahre hat die Wohnungsgenossenschaft WGW begriffen, dass nur Abriss dazu führt, dass viele Bürger schon freiwillig den Stadtteil verlassen. Deshalb hat bzw. ist die WGW dabei in der Käthe-Kollwitz-Straße neue attraktive Wohnhäuser zu errichten. Mittlerweile beginnt auch der Wohnungsumbau im WK 3. Auch die anscheinende Absicht einen Teil der Wohnblöcke im Wohnkomplex WK 4.4 zu erhalten, ist aus meiner Sicht positiv zu bewerten. Wenn dieses Wohngebiet zusammen mit anderen Unternehmen ausgebaut wird, dann ist dies ein Beitrag

    • zum Erhalt des Nordparks (Filmband),
       
    • gegen den Bevölkerungsschwund in Wolfen-Nord,
       
    • zu einer wachsenden Einwohnerzahl in Bitterfeld-Wolfen sowie
       
    • für eine Verbesserung der Lebensqualität in allen Stadtteilen.


Allerdings betreibt die WBG in Wolfen-Nord eine andere Wohnungspolitik. Der Modernisierung eines Wohnblocks in der Ernst-Toller-Straße seit über einem Jahr stehen x abgerissene Wohnblöcke in WK 3 und 4 gegenüber. Den vom Abriss betroffenen Bürgern wird meist kein angemessener Wohnraum in Wolfen-Nord geboten. Auch die Mieten werden durch die angeblichen Neuvermietungen wesentlich erhöht (zum Teil über 20 %). Die Umsiedlung aus Wolfen-Nord und damit oft aus Bitterfeld-Wolfen erfolgt durch die unangemessenen Wohnungsangebote gezielt und bewusst. Viele Bürger sprechen schon von einer Vertreibung nicht nur aus Wolfen-Nord sondern auch aus Bitterfeld-Wolfen bzw. der Region.

Immer mehr Bürger aus Bitterfeld-Wolfen (Betroffene und Nicht-Betroffene) fragen sich, warum das Land und der Landkreis diesen unsinnigen Abriss ohne Umbau durch Fördergelder unterstützen. Den Schaden haben die unmittelbar Betroffenen und die meisten Bürger der Stadt. Viele Betroffene sind nach dem 2., 3. oder 4. Umzug finanziell ruiniert. Besonders Ältere wissen sich nicht zu helfen. Durch den erzwungenen Wegzug aus Bitterfeld-Wolfen erhält die Stadt geringere Finanzzuweisungen. Viele soziale Einrichtungen für die Bürger können nicht im erforderlichen Umfang erhalten werden.
Die Gewinner dieser Entwicklung sind diejenigen Menschen, welche glauben mit Luxussanierungen von Wohnungen große Gewinne einstreichen zu können. Um dies zu erreichen, muss nach ihrer Ansicht der Wohnungsmarkt vorher bereinigt werden. Sie finden deshalb viele Worte, um Andere zu überzeugen, dass der Abriss ohne Umbau notwendig sei.

Der MZ-Artikel „Die nächste Abrissrunde“ vom 01.07.2016 ist kennzeichnend dafür,  dass die Verantwortlichen der STEG und der Stadtverwaltung versuchen, den flächenmäßigen Abriss als notwendig erscheinen zu lassen. Sie sprechen davon, das „hohe Kosten“ für die Wohnungsunternehmen durch die „Umsiedlungen der Mieter“ und die Bereitstellung von „Ersatzwohnungen“ entstehen. An die Kosten für die betroffenen Mieter denkt aber keiner. Auch die Prognose von Herrn Rupprecht (STEG) zeigt, dass es im Jahr 2025 etwa 2.500 Wohnungen weniger als im Jahr 2015 geben wird, und dies bedeutet beim derzeitigen Abrissverfahren, dass in knapp 10 Jahren ca. 3.000 Einwohner in Wolfen-Nord weniger leben werden (zurzeit: ca. 8.000 Einwohner). Letztendlich ist die in der MZ dargestellte Prognose eigentlich eine Zielvorgabe der Verantwortlichen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden viele Bürger in den nächsten Jahren gezwungen, die Stadt zu verlassen.

Um diesen Unsinn zu verhindern, welcher der Stadt insgesamt Schaden zufügt, bedarf es eines gemeinschaftlichen Protestes. Der von unten kommende Bürgerprotest muss den Stadtrat und alle ihre Mitglieder auffordern, weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden. Dazu gehört, dass die Stadtratsmitglieder, welche im Aufsichtsrat der WBG sitzen, ihren Aufgaben gerecht werden und  Einfluss darauf nehmen, dass die WBG vor allem ihre kommunale Hauptaufgabe verwirklicht. Dazu gehört allen Bürgern preiswerten und qualitativ guten Wohnraum an den derzeitigen Standorten zur Verfügung zu stellen. Luxussanierungen sollten nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden. Die derzeitige Arbeitsweise der WBG garantiert dies nicht. Zurzeit hat es den Anschein, dass sich die WBG langsam aus Wolfen-Nord verabschieden will.

 

Bitterfeld-Wolfen, 31.07.2016