WARUM? WESHALB? WESWEGEN?

Von Klaus Grabarits, Blickpunkt 07/2013;

Der 60. Jahrestages des 17. Juni 1953. Berechtigte Aufmerksamkeit und Würdigung. „Mehr als eine Fußnote“, “Wagt den Widerspruch!“ „Es gilt auch heute überall auf der Welt denen beizustehen die obwohl diskriminiert und ausgegrenzt – sich mutig für Freiheit, Demokratie und Recht einzusetzen“

 

 

Von Klaus Grabarits, Blickpunkt 07/2013

 

Der 60. Jahrestages des 17. Juni 1953. Berechtigte Aufmerksamkeit und Würdigung. „Mehr als eine Fußnote“ (Mz 17. 06. 2013), “Wagt den Widerspruch!“ „Es gilt auch heute überall auf der Welt denen beizustehen die obwohl diskriminiert und ausgegrenzt – sich mutig für Freiheit, Demokratie und Recht einzusetzen“ (MZ 15/16.06.2013) Der17. Juni 1953 war einer der kritischsten Tage des Kalten Krieges“. Eine kurze Vorbemerkung:
Die Fakten zum 17. Juni entstammen dem Sachbuch „Links in Deutschland“ Buchautor Olaf Baale. (Seite 104 bis Seite122. Das Quellenverzeichnis psychologische Kriegsführung Seite 215.)

Stalin starb im März 1953. N. Chruschtschow wurde im September 53 - Erster Sekretär des ZK. In seinen Erinnerungen zitiert Andrej Gromyko - L. Beria mit den Worten:
„Die DDR? Was ist sie Wert, die DDR? Sie ist noch nicht mal ein richtiger Staat. Sie wird nur von den sowjetischen Truppen am Leben erhalten, selbst wenn wir sie DDR betiteln.“ M. Molotow dagegen verteidigte das Existenzrecht der DDR. Durch den Tod Stalins und die noch nicht erfolgte Wahl N. Chruschtschows war das Politbüro gespalten. Die Frage war: Sollte sie fester an die UdSSR gebunden oder mit der BRD vereinigt werden? Voraussetzung sollte sein: UdSSR und USA ziehen aus dem vereinten Deutschland ab. Das war nicht annehmbar für die USA. In dieser Situation erfolgte der Streik der Berliner Bauarbeiter. Die Forderungen der Streikenden sind bekannt. Die Worte von Egon Bahr, damals Leiter des RIAS-Büros in Einschätzung der damaligen Situation:
„Ohne den RIAS hätte es, was wir heute den 17. Juni nennen, nicht gegeben.“ Die Delegation der streikenden Bauarbeiter der Stalinallee wurde herzlich im RIAS Funkhaus willkommen geheißen und aktiv unterstützt. Die RIAS-Redaktion formulierte die Streikaufforderungen der Bauarbeiter selbst und ließ sie immer wieder über den Rundfunk verlesen. “Die Forderungen wurden überall wo gestreikt wurde, genau in Wortlaut und Reihenfolge wiederholt. „Es war die erste große Erfahrung schreibt Egon Bahr im Tagesspiegel, dass ein elektronisches Medium in einer Ausnahmesituation innerhalb von Stunden zur politischen Aktion führen kann.“

Dem amerikanischen Hochkommissar ging das zu weit. James B. Conant rief den Rias-Direktor Gordon Ewing an. Egon Bahr erinnerte sich:
E. Gordon vor ihm „Aufgeregt, blass fast zitternd“ zum ersten Mal „ein klarer Befehl:
Die Forderungen des Streikkomitees dürften ab sofort nicht mehr gesendet werden. Anordnung des amerikanischen Hochkommissars Conant. Der habe angerufen und gefragt, ob der RIAS vielleicht den dritten Weltkrieg beginnen wolle.“

Am 16. Juni 1953 sprach der RIAS-Programmdirektor Eberhard Schütz im Rundfunk:
„Nun waren wir heute hier in Berlin Zeuge einer Demonstration, deren Motive weder Leichtsinn, noch Verzweiflung, noch Bereitschaft zum Märtyrertum war, eine Demonstration, die wohl überlegt zum richtigen Zeitpunkt sich der richtigen Mittel bediente, um das Mögliche zu erreichen“ (…) „Ein jeder in der Sowjetzone kann heute selbstbewusst seinen persönlichen Sieg über das sowjetische Regime in der Kernfrage registrieren.“ (…) „Den es ist die Kernfrage, es ist das Kernproblem für die SED, ob sie durch die Steigerung der industriellen Produktion “ „(…) den Besitz der Zone für die Sowjets so wichtig, so bedeutsam machen kann, dass die Zone und ihr Industriepotenzial zu wichtig wird, um Tauschobjekt auf dem diplomatischen Markt zu sein, um gegebenenfalls aufgegeben zu werden. Sie haben liebe Zuhörer und Zuhörerinnen die sowjetischen Machthaber gezwungen ihre Ziele zurück zustecken (…). Die Delegation der Bauarbeiter der Stalinallee, die uns heute Nachmittag im RIAS aufsuchte „war so siegesbewusst, dass ihr das Zugeständnis der sowjetdeutschen Regierung, der Rückzieher bezüglich der Normenerhöhung nicht genug schien.“ (…) „wir“ (…) „würden uns glücklich schätzen, wenn wir ihnen in den nächsten Tagen von weiteren Siegen berichten könnten.“

Am anderen Tag beendet der Westberliner DGB-Vorsitzende Ernst Scharnowski seinen Streikaufruf mit den Worten:
„Ihr könnt diese Forderungen, gestützt auf die in der sowjetischen Besatzungszone geltenden menschlichen Grundrechte der Verfassung mit vollem Recht verlangen!“ (...) Die ganze Ostberliner Bevölkerung darf deshalb auf die stärksten und erfolgreichsten Gruppen der Ostberliner Arbeiterbewegung vertrauen. Lasst Sie nicht allein! Die Arbeitnehmer im Deutschen Gewerkschaftsbund begrüßen euren Kampf um die elementarsten Rechte der Arbeitnehmer (...). Am gleichen Tag verhängte die sowjetische Militäradministration den Ausnahmezustand.

Thomas Alan Schwartz Geschichtsprofessor (University Nashille Tennessi) hat die „tragischen Ereignisse“ des 17. Juni durch die US-Regierung und dem hohen Kommissariat als ersten überragenden Erfolg der psychologischen Kriegsführung bewertet. Die Sowjetunion war vorgeführt worden, sie mussten Panzer aufrollen lassen, damit sie ihr Besatzungsgebiet nicht an den Westen verloren. Bernd Stöver, Professor an der Universität Potsdam erhielt Einsicht in einen kurz nach dem 17. Juni 1953 entstandenen Bericht zur psychologischen Kriegsführung. „Der amerikanische Leiter des RIAS, Gordon Ewing“, fasste Stöver in seiner Forschungsarbeit zusammen, „habe zwar gewusst, dass seine Entscheidungen möglicherweise Krieg oder Frieden bedeuteten. Gleichzeitig habe Ewing aber geahnt, dass man ihn genauso dafür verantwortlich machen würde, wenn die beste Gelegenheit verstreiche, das kommunistische Regime in Ostdeutschland zu erschüttern.

Fazit:
Egon Bahr ist 2013 stolz darauf das sich die SPD gegen die „Diktatur des Proletariats und für die Demokratie entschieden hat.“ Mit Gorbatschow ist die DDR - Tauschobjekt der Diplomatie geworden. Die UdSSR hat sich aufgelöst. Präsident Obama von Frieden und Freiheit sprechend beschwört die deutsch amerikanische Freundschaft.

Ein Unterschied ist wohl zu erkennen:
2013 ist nicht 1953. „Whistleblower wie Edward Snowden, Julian Assange und Bradley Manning verdeutlichen: die USA nutzt weiter die psychologische Kriegsführung als Mittel zum Zweck.“ 1953 - Egon Bahr „Unterstützung der Forderungen der streikenden Bauarbeiter“. 2013 - MdB Hans-Christian Ströbele „Spionage übelster Sorte.“